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Reisen und Zeitverschiebung

In jedem Ferienkatalog finden Sie heute Touren für alle Altersgruppen in Länder, die mehrere Flugstunden entfernt sind, sei es nun der amerikanischen Kontinent mit plus 6-9 Stunden oder beispielsweise Bali mit minus 8 Stunden Zeitverschiebung. 
Wie geht unser Körper damit um? Was ist Jetlag und wie kann ich vorbeugen? Dieser Handzettel soll Ihnen Hinweise zum Thema und einige Tipps zum richtigen Verhalten geben.  

Wie funktioniert unsere innere Uhr?  
Wir alle kennen die verschiedenen Rhythmen unseres Körpers: Im Tagesablauf verändern sich Körpertemperatur, Puls, Blutdruck, auch die intellektuelle Leistungsbereitschaft ("Nachmittags-3-Uhr-Loch") erheblich.  
Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist das wohl auffälligste Zeichen der inneren Uhr. Die innere Uhr sitzt wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge in tiefergelegenen Hirnabschnitten (vorderer Hypothalamus) und steuert unter Einfluß äußerer Einflüsse den körperlichen Tages- und Monatszyklus. Die Länge des Eigenrhythmus ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und beträgt durchschnittlich 25 Stunden, wird aber durch den Tageslichtreiz auf den 24 Stunden-Tageszyklus angeglichen. 

Zeitzonen - was ist das?  
Die Erde wird geographisch in 360 Längengrade eingeteilt, je 15 davon bilden eine Zeitzone mit je 1 Stunde Zeitrückschritt in westliche Richtung (Uhr zurückstellen) oder Vorauseilen der Zeit in östlicher Richtung (Uhr vorstellen). Je mehr Breitengrade die Reiseroute vom Äquator entfernt ist, um so weniger Zeit wird zur Überschreitung von Zeitzonen benötigt.  

Was passiert dabei mit meinem Körper?  
Unser Körper braucht Zeit zur Anpassung an die neuen äußeren Zeitgeber. Je mehr Zeitzonen übersprungen werden und je älter ein Reisender ist, desto länger die benötigte Anpassungszeit. Während eine vollständige Umstellung mindestens 3 Wochen benötigt, ist der vom Empfinden her wichtigste Schlaf-Wach-Rhythmus meist nach 3 Tagen bei Reise in Westrichtung, bei Reise in Ostrichtung bis nach maximal 7 Tagen adaptiert. Die innere Uhr toleriert also Westflüge (USA, Karibik etc.) besser als Flüge in östlicher Richtung.  

Was ist Jetlag?  
Bei Zeitzonenüberschreitungen zeigen 75% aller Reisenden für einige Tage Symptome von Tagesmüdigkeit, Leistungsminderung, vegetativen Störungen wie Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Hunger zu ungewohnten Zeiten. Individuell sind diese Jetlag-Beschwerden sehr unterschiedlich ausgeprägt.  

Was kann ich gegen Jetlag tun?  
Der Einfluss des Tageslichtes ist der stärkste Gewöhnungsreiz. Leben Sie also ab Ihrer Ankunft im örtlichen Tagesrhythmus Ihres Urlaubsorts, das bedeutet  

  • Mahlzeiten zu den ortsüblichen Zeiten  

Vor dem Schlafen eher leicht verdauliche stärkehaltige Kost, italienische Pasta u. ä.  Nachtruhe nach der Uhr, eher früher, auch wenn Einschlaf- oder Durchschlafstörungen bestehen,  Eiweißreiche Kost und Früchte dagegen zu den hellen Tageszeiten = Wachphasen, besonders morgens  

  • Kein Mittagsschlaf 

  • Keine großen Anstrengungen am 1. Tag nach Ankunft  

  • Maßvolle Aktivität ab dem 2. Tag  

Kann ich Jetlag vorbeugen?  
Ja, wenn Sie bereits zu Hause 3-4 Tage vor Abflug die Zeiten des Reiselandes "vorwegnehmen", d.h. bei Westreisen 3 Tage lang je 1 Stunde später ins Bett gehen als üblich. So erreichen Sie nach Ankunft schneller den örtlichen Rhythmus.  

Sind Schlafmittel eine Lösung?  
Die Anpassung des Körpers wird durch Schlafmittel nicht beschleunigt. Gerade älter Reisende gewöhnen sich aber oft nur langsam an die neuen Zeitvorgaben und wünschen ein Schlafmittel. Sind sie unvermeidbar, so sind kurz wirksame Wirkstoffe vom Typ Chloralhydrat, Zolpidem oder Zopiclon vorzuziehen (z. B. Chloraldurat, Zolpidem 10mg, Zopiclon 7,5mg). 
Bitte bedenken Sie, daß andere Schlafmittel, die hier nicht genannt sind, die Sturzgefahr bei nächtlichem Aufstehen erhöhen können! 

  • Melatonin hilft doch!  
    Schlafforscher haben gezeigt, daß das Epiphysenhormon Melatonin in einer Dosis von 1-2 mg am Abend (jeweilige Ortzeit), eingenommen 3-4 Tage vor und nach einem Zeitzonenflug, die körperliche Anpassung beschleunigt.  

Zeitzonen und Dauermedikamente  
Für die meisten Medikamente ist die Zeitzonenreise nicht von wesentlicher Bedeutung. Folgende Substanzgruppen bedürfen jedoch einer individuellen Beratung, da die Eigenart der Erkrankung generelle Empfehlungen nicht zuläßt:  

  • Herzmittel  

  • Blutdruckmittel  

  • Medikamente bei Diabetes mellitus   

Bitte sprechen Sie mich ggf. darauf an.  

  • Denken Sie auch daran: die Medikamente, die sie in den nächsten 2-3 Tagen brauchen werden, gehören grundsätzlich in Ihr Handgepäck. So können sie sich helfen, wenn Ihr Koffer bei der Gepäckausgabe nicht mit dabei war. 

Zeitzonen und "Pille"  
Auch und gerade im Urlaub ist ein sicherer Schutz wichtig. Was ist nun zu tun, wenn sich die Zeiten verschieben?  Bei Flügen nach Westen ist es oft einfach: Bei einer Zeitdifferenz von ca. 8 Stunden verschiebt sich die Einnahme von abends (zu Hause) auf morgens im Urlaubsland oder umgekehrt. 
Bei den meisten modernen niedrig dosierten Kontrazeptiva ist es aber auch ohne Bedenken möglich, den von zu Hause gewohnten Einnahme-Rhythmus zur gleichen Tageszeit im Urlaub beizubehalten und zusätzlich eine Dosis zeitlich genau zwischen der letzten Einnahme zu Hause und ersten im Urlaub einzunehmen.  

Beispiel: Ziel Karibik  
Letzte Einnahme der "Pille" 22.00 Uhr Vorabend, Abflug Frankfurt 08.00 Uhr,  
nächste Einnahme bei Ankunft Karibik 13.00Uhr Ortszeit, 
dann im Urlaub Pille weiter stets am Abend einnehmen.  
Beim Rückflug oder bei Flügen nach Osten kann bei diesen Präparaten die Einnahme zur jeweils gleichen Uhrzeit in Ortszeit erfolgen.  
Bei hochdosierten Pillen (z. B. Diane 35 u. a.) sollte eine individuelle Beratung erfolgen. 

Zeitzonen und Insulin  
Langstreckenflüge bedeuten für viele Reisende schon aufgrund der beengten Räumlichkeiten Stress. Diabetikern reagieren oft mit erhöhten Blutzuckerwerten (BZ). Erhöhte Blutzucker und die am Reisetag veränderte Tageslänge erfordert eine Anpassung der Insulindosis. 

Nötige Ausstattung:  

  • Blutzuckermeßgerät, 

  • Ersatz-Batterien  

  • Meßstreifen für Ihr Gerät und Ersatzvorrat für 1 Woche 

  • Urinzuckermeßstreifen  

  • Gewohntes Insulin mit Spritze/Nadeln/PEN, zusätzlich Ersatzinsulin 

  • Kurzwirksames Alt-Insulin  

  • Traubenzucker  

Bei der konventionellen Insulintherapie (CT) ist eine Überbrückung mit kurzwirksamen Altinsulinen nach BZ-Kontrolle vor den Mahlzeiten an Bord denkbar. Diese einfache Methode wird sicherlich von älteren Diabetikern bevorzugt werden.  
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT).  

Bei Westflügen wird der Tag länger, der Insulinbedarf steigt. 
Westflugformel für Insulin-Mehrbedarf: 24 Stunden geteilt durch Zeitdifferenz = zusätzliche Dosis
Daher wird nach genannten Formel 

  • zur nächsten Hauptmahlzeit der Mehrbedarf des verzögerten Insulins gespritzt und 

  • anschließend die  Uhr auf Ortszeit des Urlaubslandes umgestellt.  

  • Die folgende Mahlzeit wird mit kurzwirksamem Insulin je nach BE-Menge und Blutzuckerspiegel ausgeglichen  

  • Danach wird das Verzögerungsinsulin entsprechend der neuen Ortszeit gespritzt.  

Bei Ostflügen wird der Anreisetag kürzer, der Insulinbedarf sinkt an diesem Tag.  
Ostflugformel für Insulinminderung:  24 Stunden geteilt durch Zeitdifferenz = Dosisminderung
Zur üblichen Hauptmahlzeit reduzierte Insulinmenge und dann  

  • Uhr auf Ortszeit des Urlaubsland umstellen.  

  • Übliche Tagesinsulinmenge entsprechend der neuen Ortszeit spritzen.  

Tipp: BZ-Bestimmung am 1. Abend vor dem Schlafengehen!  
Die größte Unterzuckerungsgefahr besteht nicht während des Fluges, sondern in der Nacht danach. 

Als Diabetiker sollten sie besonders genau darauf achten, daß 

  • alle notwndigen Impfungen, d.h. allgemeinen Impfungen (gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung),  

  • ggf. spezielle Impfungen (Influenza, Pneumokokken, Hepatitis B)  

  • sowie die für Ihr Reiseland speziell empfohlenen Impfungen (Hepatitis A/B, Typhus, Gelbfieber, Meningokokken)  

vor Ihrer Abreise durchgeführt sind. 

Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben.

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Urheberrechtlich geschützt © Dr. Michael Groh, Hügelsheim - Letzte Änderung: 18.04.2012

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