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Zur Bedeutung von Schilddrüsenveränderungen

Schilddrüsenerkrankungen sind in Deutschland ausgesprochen häufig. Äußeres Zeichen ist ein mehr oder weniger auffälliger Kropf. Ärzte nennen so eine Schilddrüsenvergrößerung eine Struma. 

Vor 100 Jahren noch fand man in Süddeutschland praktisch in jedem Dorf einen "Dorfdeppen", meist mit Kropf. - Und ein bekannter Witz erzählt, daß in Bayern ein Pfarrer (mit Kropf) am Sonntag von der Kanzel herab seine Gemeindemitglieder (alle mit Kropf) ermahnt, ihre Mitmenschen wegen körperlicher Mißbildungen doch nicht zu verlachen. Anlaß ist ein Berliner, ein "Preiß", der ohne Kropf durch den Mittelgang der Kirche nach vorn kommt. Kröpfe waren also scheinbar in Bayern damals so häufig, daß sie als normal angesehen wurden, der glatthalsige Berliner dagegen als mißgebildet. 
In Norddeutschland, besonders an der See, sind Schilddrüsenerkrankungen nämlich ausgesprochen selten. Kröpfe sieht man dort kaum. 

In den letzten Jahrzehnten ist die Mobilität in der deutschen Bevölkerung gewachsen. Wir finden jetzt viele Bayern und Württemberger in Berlin, Hamburg und Hannover, Nordlichter wie Lübecker und Flensburger in München und sogar auf der Schwäbischen Alb. Trotzdem findet man auch heute - und immer noch von Nord- nach Süddeutschland an Häufigkeit zunehmend - degenerative Veränderungen der Schilddrüse schon bei vielen 18jährigen: Spätere Schilddrüsenerkrankungen (Überfunktion oder Unterfunktion) sind da bereits im Anmarsch. 

Grund für diese degenerativen Veränderungen ist meistens ein Jodmangel. Jodmangel scheint für die meisten Schilddrüsenerkrankungen die Ursache zu sein, in Deutschland und weltweit. Als nach der Eiszeit die Gletscher abtauten, wuschen sie in Süddeutschland fast das ganze Jod aus den Böden und nahmen es mit nach Norden. 
Nur in einzelnen Bodenabsenkungen Süddeutschlands finden sich noch heute höhere Jodkonzentrationen: Wegen der Bodenabsenkung wurden sie damals nicht ausgewaschen und mit nach Norden gespült. 

Im Norden haben wir die Nord- und Ostsee mit hohen Jodkonzentrationen. Seefische und Meeresfrüchte haben zum Teil sehr hohem Jodgehalt. Der Boden im Norden enthält deutlich mehr Jod als im Süden, auch die Feldfrüchte, die auf diesem Boden wachsen. Und auch das Trinkwasser enthalten genug Jod. 

In Gegenden mit optimaler Jodversorgung finden sich selten Schilddrüsenerkrankungen: So haben die Bewohner Schwedens die mit Abstand kleinsten und gesündesten Schilddrüsen Europas. Warum? Die Jodversorgung der Bevölkerung ist optimiert. 
Schilddrüsenerkrankungen waren auch im Gebiet der früheren DDR rar. Der Grund: In der DDR wurde beim Bäcker, Metzger, in Konservenfabriken usw. überall mit Jodsalz gesalzen.  Jetzt nach der Wende ist in den neuen Bundesländern die von oben verordnete, sehr vernünftige Jodierung aufgehoben. Es wird auf freiwilligen Gebrauch von Jodsalz gesetzt. Deshalb nehmen Schilddrüsenerkrankungen rasch wieder zu! 

Bei der Jugend-Gesundheitsuntersuchung (J1), die ich Ihnen bzw. Ihren Kindern ganz besonders empfehlen möchte, wird bei der Früherkennung von Stoffwechselstörungen auch geprüft, ob die Schilddrüse normal funktioniert und ob Jugendliche eine Prophylaxe von Jodmangelschäden der Schilddrüse betreiben (Anmerkung: Ihre Krankenkassen bezahlten diese Jugenduntersuchung vom vollendeten 12. Lebensjahr an bis zum letzten Tag vor dem 15. Geburtstag)

Bei Schilddrüsenerkrankungen unterscheiden wir, grob gesagt, die Schilddrüsen-Unterfunktion von den Schilddrüsen-Überfunktion. Was funktioniert da nicht richtig? 
Die Schilddrüse produziert 2 Arten von jodhaltigen Hormonen, Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). 
T3 und T4 sind Signalstoffe, die mit dem Blut zu jeder Körperzelle gelangen. Viel T3 und T4 bewirkt, daß Körperzellen zu schnellerem Zellstoffwechsel angeregt werden. Weniger T3 und T4 bewirkt, daß der Stoffwechsel aller Körperzellen eher träge vonstatten geht. Ist der normale Schwankungsbereich über- oder unterschritten, sprechen wir von Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) und Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Zellen leben schneller, verbrauchen sich schneller bei Überfunktion, oder leben langsamer, träger, weniger effektiv bei Unterfunktion. Stimmt die Hormonmenge im Körper genau, dann leben die Körperzellen in ihrem richtigen, von den Erbanlagen vorgeschriebenen Rhythmus. 

Degeneriert die Schilddrüse durch Jodmangel und entsteht bei entsprechender Veranlagung ein innerer oder äußerlich sichtbarer Kropf mit Hyothyreose , wird der betroffene Mensch allmählich träger, tranig, sein Gehirn wird träger, sein Stoffwechsel langsamer. Der Kranke nimmt dadurch an Gewicht zu, seine Körpertemperatur nimmt ab, das Gesicht erscheint verquollen (Myxödem), die Haare werden stumpf und trocken wie Stroh, eine hartnäckige Stuhlverstopfung entsteht, das Denken geht allmählich immer langsamer bis hin zur Schwachsinn, im Extremfall bis zum Koma (hypothyreotes Koma). 
Von außen zugeführtes Schilddrüsenhormon (L-Thyroxin, T4) und Jod bewirken bei der Schilddrüsenunterfunktion wahre Wunder. Der Mensch wird in geistiger und körperlicher Beziehung wieder völlig normal. 
Die vergrößerte, knotige Schilddrüse muß möglicherweise operiert werden. Denn sie kann allmählich die Luftröhre platt drücken. Dann bekommt der Kranke nicht mehr richtig Luft. Außerdem stört die Struma ja kosmetisch. 

Durch jahrelangen Jodmangel bekommt ein anderer Mensch entsprechend seiner Veranlagung vielleicht das Gegenteil, eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion). Dieser Mensch hat weit geöffnete, glänzende Augen, er ist fahrig und unruhig, schwitzt, steht wie unter Strom, vibriert innerlich (bei der Untersuchung auch äußerlich sichtbar), hat Herzklopfen, eventuell hohen Blutdruck, nervöse Störungen und meist chronischen Durchfall. Der ganze Körper verbraucht sich zu schnell, das Adersystem verkalkt rasch. 
Recht typisch ist, daß ein Mensch mit Hyperthyreose manchmal schon vor dem 40. Lebensjahr, scheinbar aus heiterem Himmel, an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall verstirbt. 
Die Hyperthyreose kann später "ausbrennen" und in eine Unterfunktion übergehen. 

Achtung: Beim älteren Menschen können fast alle Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion fehlen und trotzdem kann eine Hyperthyreose mit all ihren möglichen schlimmen Folgen vorliegen. Wichtig ist, dran zu denken! Untersuchungen führen dann zur Diagnose! 

  • Schilddrüsen-bremsende Medikamente (Carbimazol) über mehrere Monate regelmäßig eingenommen können die gefährliche Überproduktion von Schilddrüsenhormon normalisieren. Regelmäßige Blutbildkontrollen sind jedoch notwendig, um bestimmte Medikamenten-Nebenwirkungen nicht zu übersehen.

  • Eventuell kann auch mit sogenanntem Radiojod behandelt werden. Man macht sich dabei zunutze, daß normal reagierende Bereiche der Schilddrüse inaktiv sind, denn im Blut ist ja T3 und T4 im Übermaß vorhanden. 
    Nur die erkrankten Schilddrüsenanteile gehorchen nicht mehr der Regulation von oben und raffen gierig große Mengen Jod, um weiter Schilddrüsenhormon zu produzieren. 
    Jetzt wird radioaktives Jod therapeutisch gegeben, wird von den erkrankten Schilddrüsenzellen aufgenommen, dort in nennenswerter Menge konzentriert und zerstrahlt so die erkrankten Zellen, tötet sie ab. 
    Da die gesunden Zellen während der ganzen Behandlungszeit nicht aktiv sind und die Strahlung praktisch auf den Ort beschränkt bleibt, passiert den gesunden Nachbarzellen nichts. Nach dem Tod des erkrankten Schilddrüsengewebes normalisiert sich die überhöhte T4-Hormonkonzentration, dann nehmen die gesunden Schilddrüsenzellen ihre Tätigkeit wieder auf.

  • In bestimmten fällen, z.B. bei zu großer Struma und/oder drohender Einengung der Luftröhre, ist die Schilddrüsenoperation unumgänglich. 

Worauf ich hinaus möchte: Schilddrüsenstörungen müssen nicht sein, wenn man Bescheid weiß, wie sie vermieden werden können. Das beginnt schon im Mutterleib.

Ein Wissenschaftler hat das so formuliert: "Wollen Sie Ihrem Kind für 30 Euro mehr Intelligenz kaufen? Dann nehmen Sie Jod - die ganze Schwangerschaft hindurch!" 

Der Mann hat recht mit seiner Behauptung: Denn mit ausreichend Jod kann schon das Ungeborene seine Intelligenz soweit entfalten, wie es seinen Erbanlagen entspricht. Vorausgesetzt natürlich, daß andere, bekanntermaßen die Intelligenz schädigende Faktoren (Zigarettenrauchen der Mutter, einseitiges Essen oder Krankheiten der Mutter) die gesunde Entwicklung im Mutterleib nicht verhindern. 

Auch während des weiteren Lebens brauchen wir unser tägliches Jod: Zum Beispiel mit Jodsalz und Seefisch 2-3x die Woche. Wer beides nicht mag, für den gibt es  auch Jodtropfen/Jodtabletten. 
Dann bleiben unsere Schilddrüsen klein, werden nicht knotig und funktionieren, wie es unsere Erbanlagen vorsehen!

Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben.

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Urheberrechtlich geschützt © Dr. Michael Groh, Hügelsheim - Letzte Änderung: 18.04.2012

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