Mehr wissen, besser leben: Ihr Hausarzt rät!
Bluthochdruck,
die unterschätzte Volkskrankheit
Etwa
die Hälfte der deutschen Bevölkerung stirbt an Herz-Kreislauf-Krankheiten,
deutlich weniger Menschen sterben an Krebs (ca. 30 Prozent). Bluthochdruck
(Hypertonie) ist neben Zuckerkrankheit, hohen Blutfetten und Rauchen die
wichtigste Ursache von Herz-Kreislauf-Krankheiten.
Trotzdem ist die Sorge der Deutschen, Krebs zu bekommen, riesengroß, die
Angst vor "ein bissel Bluthochdruck" dagegen erstaunlich klein.
Warum das so ist, weiß niemand genau! Wahrscheinlich hängt es damit
zusammen, daß bei Krebs das eigene Ende absehbarer zu sein scheint. Hohen
Blutdruck dagegen spürt man oft nicht, also wird er auch nicht als Bedrohung
erlebt. Auch nicht als Belästigung.
Bei
genauer Nachfrage zeigt sich allerdings, daß Menschen mit hohem Blutdruck
nicht selten reizbar, unduldsam und jähzornig sind. Oft leiden sie an innerer
Getriebenheit, die ihre Lebensqualität und die ihrer Angehörigen oder
Mitarbeiter beeinträchtigt.
Hoher
Blutdruck schädigt, wie Zuckerkrankheit, hohe Blutfette und das Rauchen, alle
wichtigen Organe: Herz- und Kreislaufsystem, Gehirn und Nieren. Der
Alterungsprozeß der Arterien schreitet erheblich schneller voran. Der
Hochdruckkranke wird zum "innerlichen Schnellroster"! Störungen
körperlicher Funktionen nehmen mit den Jahren schneller zu, als vom Alter her
zu erwarten. In Kombination mit den genannten anderen Stoffwechselstörungen
oder dem Rauchen wird der Alterungsprozeß weiter beschleunigt.
Hier
zeige ich Ihnen Beispiele für typische Krankheiten, die durch arterielle
Schädigung bei Bluthochdruck entstehen!
-
Herzinsuffizienz
Das Herz, die Blutpumpe, wird durch dauernd unnatürlich hohen Blutdruck
rasch verschlissen, das Herz "latscht aus wie ein alter Schuh".
Auslatschen bedeutet, der Herzmuskel wird überdehnt, hat nicht mehr seine
optimale Vorspannung, dann läßt die Herzkraft allmählich nach (Herzinsuffizienz).
Hoher Druck läßt zudem die Arterien, welche die Pumpe selbst mit Benzin
versorgen (Herzkranzgefäße), unnötig rasch altern, verfetten und
verkalken. Irgendwann wird dann bei allmählich zunehmender Aderverengung
die Blutversorgung für die schwer arbeitende Blutpumpe zu dürftig und
der Hochdruckpatient spürt die ersten Herzschmerzen (Angina pectoris).
Beide Effekte, Mangelversorgung und Mehrarbeit, führen zusammen zur
Zerstörung der Pumpe!
-
Herzinfarkt
Häufiger aber kommt es zum plötzlichen Arterienverschluß (Thrombose):
Ein Fettstreifen in den Adern platzt auf, in Sekundenschnelle bildet sich
ein Blutpfropf, die Durchblutung von Teilen des Herzmuskels stoppt - ein
akuter Herzinfarkt entsteht. Viele Infarktkranke sterben jetzt den
Herzsekundentod durch Herzflimmern.
Wird die erste Zeit mit Glück überlebt und gelingt es, den
Gerinnungspfropf am Größerwerden zu hindern (sofort 1 Tbl. Aspirin 500
kauen!) und rechtzeitig wieder aufzulösen (sofort Notarzt rufen und
ab zur Notfallbehandlung im Krankenhaus!), kann die Durchblutung
vielleicht wieder hergestellt werden und das Herzmuskelgewebe stirbt nicht
ab.
Typische Situation: nach langer Trainingspause eine plötzliche
ungewohnte Anstrengung wie z.B. die jährliche Bergwanderung in den
Alpen - das Herz bekommt plötzlich zu wenig Blut, Herzinfarkt und
Sekundentod drohen.
Mein Tipp: vor zu erwartenden größeren Anstrengungen oder vor
Wiederaufnahme eines Sports nach langer Pause erst zum Belastungs-EKG beim
Hausarzt oder Kardiologen.
-
Schlaganfall (Apoplex)
Auch im Hirn kann durch plötzliches Platzen eines Fettstreifens eine
Thrombose mit Hirninfarkt entstehen. Werden Anteile des Hirns nicht mehr
durchblutet, kommt es zum sofortigen Funktionsausfall, Kraftverlust und
Lähmung, auch die Atmung kann gelähmt sein. Gelingt es nicht, die
Blutversorgung sofort wieder in Gang zu bringen, bleibt die Lähmung
bestehen, bei Atemlähmung tritt der Tod ein.
Schon bei einem Blutdruck zwischen 140-159 mmHg (Quecksilbersäule; oberer
Blutdruckwert) erhöht sich das Schlaganfall-Risiko um satte 40 Prozent.
Bei Erhöhung des unteren Blutdruckwerts über 100 ist das Risiko um 10
Prozent erhöht.
-
Senile Demenz, Parkinsonerkrankung
Alle fürchten die Alzheimer Erkrankung, dabei ist hoher Blutdruck die bei
weit häufigere Ursache seniler Demenz (synonym: Senilität,
Altersblödsinn). Kommt es nicht zum großen Schlaganfall mit
Lähmungserscheinungen, zerstört hoher Blutdruck doch das Hirn im Laufe
von Jahren schleichend durch viele winzige Infarkte (Multiinfarktsyndrom).
Je nach betroffener Hirnregion kommt es dabei zum allmählichen Abbau von
Intellekt, zu Wesensveränderung, zu Parkinson-ähnlichen Erkrankungen.
Wer will schon am Ende seines Lebens als hirnloser Fleischberg dasitzen?
-
Chronische Niereninsuffizienz
Die Niere befreit mit ihren Abertausenden von Filterchen das Blut von den
dauernd sich bildenden Schlackenstoffen. 1.700 Liter filtert die Niere
täglich! Ab dem 40. Lebensjahr vermindert sich allmählich die
Nierenleistung durch den natürlichen Alterungsprozeß. Hoher Blutdruck,
Zuckerkrankheit, hohe Blutfette und Rauchen beschleunigen dieses Altern
ganz erheblich! Wichtigstes Zeichen der Nierenschädigung ist dann das
dauerhafte Erscheinen von Eiweiß im Urin.
Irgendwann gelingt es der Niere nicht mehr, alle Schlackenstoffe
herauszufiltern. Es kommt dann ganz allmählich zur
Funktionseinschränkung mit Ansteigen der sogenannten harnpflichtigen
Substanzen im Blut. Zum Schluß zur Vergiftung des Körper (Urämie),
die unbehandelt zum Tod führt. Bei Behandlung mit Dialyse aber können
die Giftstoffe im 2- bis 3-Tage-Rythmus aus dem Blut entfernt
werden.
-
Raucherbeine
Wadenschmerzen beim Gehen sind das typische Symptom der Verengung der
Beinarterien.
Diese Erkrankung kommt seltener allein durch hohen Blutdruck, sondern
meist in Kombination mit Zigarettenrauchen. Beim Gehen wird Sauerstoff und
Zucker in den Beinmuskeln verbraucht, der Nachschub ist eingeschränkt, so
entsteht in der Beinmuskulatur Sauerstoff- und Nährstoffmangel. Typisch
ist ein heftiger Wadenschmerz, der den Kranken zum Stehenbleiben zwingt.
Beim Stehen braucht das Bein weniger Sauerstoff und Nährstoffe, der
Schmerz ebbt ab.
Der Name Raucherbein beschreibt die Verursachung des Leidens! Daß
der Name vom Erstbeschreiber dieser Krankheit, einem gewissen Dr. Raucher
stammen soll, ist sicher Legende.
Wann ist ein Blutdruck Bluthochdruck, welcher
Blutdruck ist noch normal?
Seit der Zeit meines Medizinstudiums wurde diese Frage immer wieder neu
gestellt und neu beantwortet. Die empfohlenen Blutdruckwerte nähern sich im
Lauf der letzten 25 Jahre ständig dem Idealwert von 120/80. Noch vor 10
Jahren wurde ein Blutdruck von 160/95 mmHg als noch akzeptabel bewertet.
Der Satz "Blutdruck = 100 plus Alter" ist längst nicht mehr
gültig!
Heute ist Bluthochdruck definiert als ständiger Blutdruck über 135/85
mmHg (arterielle Hypertonie).
Begründung
Jede dauernde Erhöhung über diesen Wert hinaus erhöht die Zahl der
Gefäßunfälle, d.h. mehr Herzinfarkte, mehr Schlaganfälle, mehr Einrisse
der Hauptschlagader (Aortenaneurysma), mehr Niereninsuffizienzen
usw.
Diagnostik
Vor einer Therapie sollte ordentliche Diagnostik betrieben werden:
Laboruntersuchung, körperliche Untersuchung und eine
24-Stunden-Blutdruckmessung gehört zum Standard.
Medikamentöse Therapie
Um es gleich vorneweg zu nehmen: homöopathische Medikamente haben sich
zur Behandlung des Bluthochdrucks nicht bewährt. Seriöse Homöopathen werden
daher vom Hausarzt verordnete Blutdruckmedikamente nicht absetzen, sondern
neben den homöopathischen Medikamenten weiter geben. Auch in der Pflanzenmedizin
findet sich nichts Brauchbares: In den frühen 70er Jahren setzten die Ärzte
große Hoffnungen in das Rauwolfia-Alkaloid Reserpin. Die
Blutdrucktherapie mit Reserpin ist heute wegen zu großer Nebenwirkungen
vollständig verlassen.
Moderne Medikamente senken nicht nur den Blutdruck, sondern müssen beweisen,
daß sie Leben erhalten können. Letzten Ende behandeln wir Ärzte ja nie
den Bluthochdruck, den Blutzucker, die hohe Harnsäure, oder das Übergewicht
um seiner selbst willen, sondern wir behandeln ausschließlich für mehr
Lebenszeit mit Lebensqualität.
In den letzten Jahren wird von blutdrucksenkenden
Medikamenten sogar noch mehr gefordert: zusätzlich zur
Lebenszeitverlängerung sollen sie auch die Lebensqualität steigern. Und
tatsächlich: die neuesten Blutdruckmedikamente können das.
Ihre besorgte Frage nach den Nebenwirkungen einer
Dauertherapie beantworten ich so: Entweder der Kranke verträgt ein Medikament
gut, d.h. sein Körper kann damit normal umgehen. Dann sind kaum
Nebenwirkungen zu erwarten. Oder der Kranke verträgt sein Medikament nicht.
Dann machen sich Nebenwirkungen bald bemerkbar und das Medikament muß
abgesetzt und ausgetauscht werden. Die oft befürchtete Nebenwirkungen nach
Jahren ständiger Medikamenteneinnahme kommen praktisch nicht vor. Im
Gegenteil: da die Medikamente das Adersystem schützen, finden wir unterm
Strich ein dickes Plus!
Will heißen: mehr Lebensqualität, mehr innere Gelassenheit, verlängertes
Leben, weniger Schlaganfälle, weniger Herzinfarkte, weniger Dialyse! Werden
wir denn nicht immer älter bei doch meist recht akzeptabler Gesundheit?
Ein meist über lange Jahre erhöhter Blutdruck
sollte nicht schlagartig, sondern nur ganz allmählich gesenkt werden. Denn
bei zu rascher Senkung sind Schwindel und Schwäche vorprogrammiert: das an
den überhöhten Blutdruck gewöhnte Hirn empfände den neuen, auf normal
eingestellten Blutdruck erst mal als zu tief, als Unterdruck. Erst allmählich
gewöhnt sich das Hirn an den neuen Blutdruck.
Das gilt besonders bei älteren Menschen!
Bei guter Blutdruck-Einstellung wird selbst
Nierenkrebs seltener: Einer Studie zufolge bestehen Beziehungen zwischen dem
Auftreten von Nierenkrebs und hohem Blutdruck bei Übergewicht. In der Studie
minderte Blutdrucksenkung das Risiko, einen Nierenkrebs zu bekommen,
deutlich.
Übrigens, unbehandelte rauchende Männer mit
schlecht eingestelltem Blutdruck haben im Vergleich mit Männern, die zwar
auch einen schlecht eingestellten Blutdruck haben, aber nicht rauchen, eine
27mal höhere Chance, Probleme mit der Gliedversteifung (Impotenz, erektile
Dysfunktion) zu bekommen. Bei Männern, die früher geraucht, aber das
Rauchen aufgegeben hatten, war die Chance, impotent zu werden, leider immer
noch 11fach erhöht.
Goethe meinte einmal "die Todesstunde ist
jedem von uns von Gott bestimmt, doch wie wir dorthin kommen, ob als arme,
kranke Hunde oder frisch und gesund, da vermag ein guter Arzt
viel!"
In diesem Sinne: Behandeln Sie sich nicht schlechter als Ihr Auto. Wenn dort
die rote Öl-Warnlampe leuchtet, wissen Sie, daß ein Motorschaden droht,
falls sie nicht gleich Öl nachfüllen, sondern erst noch in Urlaub fahren.
Wenn Sie beim hohen Blutdruck im roten Bereich nicht reagieren, droht ein
Schaden an Herz und Hirn.
Blutdruckmedikamente senken nicht nur den Blutdruck, sie schützen Herz,
Nieren und Hirn.
Bewertung und Einteilung der Blutdruckwerte
|
1.Blutdruckwert |
2.Blutdruckwert |
|
(Systole) mmHg |
(Diastole) mmHg |
optimal |
<120 |
<80 |
normal |
<130 |
<85 |
hochnormal |
130-139 |
85-89 |
leichter
Bluthochdruck (Grad 1) |
140-159 |
90-99 |
mittelschwerer Bluthochdruck (Grad 2) |
160-179 |
100-109 |
schwerer Bluthochdruck (Grad 3) |
180 und darüber |
110 und darüber |
isolierter systolischer Bluthochdruck |
140 und darüber |
<90 |
Noch einmal: Großmutters Einteilung "Alter +
100" ist überholt!
Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben.
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