Mehr wissen, besser leben: Ihr Hausarzt rät!
Keine
Entwarnung an der Zeckenfront
Es ist
wieder Zeckenzeit: Ich werde immer wieder gefragt, was ich von der
Zeckenimpfung halte.
Hier meine Antwort: Die Zeckenimpfung ist absolut sinnvoll! Warum ich dieser
Meinung bin, soll Ihnen diese Information verdeutlichen.
Wie
bei den Schnaken brauchen auch Zeckenweibchen Blut von Säugetieren, um ihre
Eier vor dem Legen reifen zu lassen. Das Weibchen läßt sich dazu von
Gräsern oder niedrigen Büschen auf vorübergehende Warmblüter, z.B. auf das
im Gras sitzende Herrchen oder seinen Hund fallen, sucht dort recht lange nach
einer geeigneten Stelle und sticht dann seinem mit einem Widerhaken bewehrten
Stechsaugapparat in die Haut des Warmblüters. Hat es sich mit Blut
vollgesogen, zieht es den Stechapparat heraus und läßt sich einfach fallen.
Mensch und Hund sind dabei nur Zufallswirte.
Zecken
können mit unschädlichen Keimen infiziert sein. Es juckt dann nach dem Stich
ein bißchen und die Geschichte ist ausgestanden. Zecken können aber auch mit
schädlichen Bakterien und Viren infiziert sein: Die für den Menschen
wichtigsten sind Borrelia-Bakterien und FSME-Viren.
Eine
Infektion mit Borrelia-Bakterien kann eine sich langsam vergrößernde
Hautentzündung hervorrufen, bei Nichtbehandlung auch Gelenkentzündungen.
Etwa bei jedem 5. Stich überträgt eine Zecke Borrelia-Bakterien. Meist
werden die Bakterien durch die körpereigene Abwehr vernichtet! Bakterien
können im Fall einer stattgehabten Infektion mit einem Antibiotikum behandelt
werden und sterben dann ab. Sie bekommen von mir ein geeignetes Antibiotikum
verschrieben, wenn sich Zeichen einer Infektion zeigen. Nach ausreichend
langer Behandlung ist der Fall abgeschlossen und erledigt. Allerdings können
Sie sich immer wieder infizieren!
Merke:
Eine FSME-Impfung schützt nie gegen Borrelia-Bakterien!
Gefährlich
werden den Menschen aber auch die andere Gruppe von Erregern, die FSME-Viren.
Sie sind die Erreger der gefürchteten Hirnhautentzündung (Frühsommer-Meningoenzephalitis).
Merke:
Bei Viren hilft nie ein Antibiotikum, nur die frühzeitige Impfung!
Sie
sollten wissen: nach Zeckenbiß ist eine Infektion mit FSME-Virus 1000mal
seltener als eine Infektion mit den Borrelia-Bakterien. Also: keine Panik! Ist
der menschliche Körper schon zuvor durch die aktive Impfung gefeit, töten
vom Körper vorbereitete Abwehrkräfte den eingedrungenen Feind im Nu. Hat der
Körper noch keine vorbereiteten Abwehrstoffe, kann er erkranken: 4 von 10
durch das FSME-Virus angesteckten Personen erkranken. Jede zweite der
erkrankten Personen leidet an Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Die
FSME-Erkrankung vergehen gottseidank oft von selbst, d.h. der Körper heilt
sich, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen.
Man
kann jedoch auch an einer Hirnhaut- und Gehirnentzündung erkranken. Ist die
Hirnhaut- oder Gehirnentzündung einmal eingetreten, bleiben in 1-2 von 100
Fällen permanente Schäden. Eine Passivimpfung, also zuvor aus dem Blut eines
menschlichen Spenders gewonnene, fertige Abwehrstoffe, kann die Krankheit
nicht immer sicher verhindern. Bei Kindern sind Schäden durch die
Passivimpfung bekannt geworden. Daher empfehle ich die Passivimpfung - also
die Impfung nach Stich - zur Zeit nicht.
Oft
wissen gestochene Personen nicht, ob die Zecken ihres Gebiets überhaupt
infiziert sind. Oder sie erinnern sich nicht an einen Stich oder wo sie sich
die Zecke eingefangen haben könnten. Allgemein gilt: in Baden-Württemberg
ist eine strikte Trennung in Risikogebiete und Endemiegebiete nicht möglich
(Unterscheide Hochrisikogebiete, Risikogebiete, Endemiegebiete und FSME-freie
Gebiete!)!
In unserer Region gilt: der Raum
Rastatt ist offizielles Risikogebiet, die Zecken unserer Region gelten als
infiziert. Hochrisikogebiet ist z.B. der benachbarte Landkreis Baden-Baden.
Was
empfehle ich Ihnen
Wenn Sie von einer Zecke gestochen wurden, entfernen Sie die Zecke, sobald Sie
diese entdecken. Je früher entfernt, desto geringer die Wahrscheinlichkeit
einer Infektion. Sterbende Zecken "erbrechen" und infizieren so die
Wunde.
Entfernen Sie die Zecke also sofort mit dem, was sie gerade dabei haben - mit
dem Fingernagel, mit einer sauberen Nadel oder mit einer Messerspitze. Es muß
nicht die Zeckenzange sein - nur rasch soll es gehen! Quetschen Sie dabei den
Zeckenleib möglichst nicht. In der Haut zurückgebliebene Teile des Kopfs
können später ohne Problem entfernt werden.
Vorbeugen:
ich empfehle Ihnen die Impfung! Die FSME-Impfung besteht aus abgetöteten
Viren (Totimpfstoff), Sie können durch die FSME-Impfung also nicht an FSME zu
erkranken!
Bitte warten Sie aber nach einem
Zeckenstich nicht mit der Impfung!
Die gebräuchlichen Impfstoffe können vor allem bei Kindern ab und zu
Allgemeinreaktionen wie Fieber mit Gliederschmerzen für etwa 24 Stunden
verursachen, besonders bei der ersten Impfung. Diese Reaktion ist nicht
gefährlich, aber natürlich unangenehm und - wenn man es nicht weiß,
ängstigend.
Wenn Sie und Ihre Kinder sich
oft draußen im Grünen oder im Hausgarten aufhalten, oder wenn Sie aus
beruflichen Gründen viel in Wald und Flur unterwegs sind, dann sollten Sie
sich auf jeden Fall impfen lassen. Während die Durchimpfungsrate gegen
FSME in Österreich bei 85% liegt, beträgt sie in unseren Breiten selbst in
Endemiegebieten gerade mal 15-20%. Und zu behaupten, die Österreicher seien
durch diese Impfung kränker geworden, ist absurd: Das Gegenteil ist der
Fall!
Mit dem Alter nimmt die Schwere einer FSME-Erkrankung zu. Studien aus Deutschland und Litauen verfolgten über 1.000 Krankheitsverläufe
von FSME. Sie konnten belegen, daß jeder zweite der über 50jährigen
Erkrankten nicht mehr richtig gesund wird und das Sterberisiko an FSME erkrankter
Menschen ab dem 50. Lebensjahr stark ansteigt. Der einzige wirkliche Schutz
ist die rechtzeitige Impfung!
Damit ein
sicherer aktiver Schutz erzielt wird, muß dreimal in Abständen geimpft
werden (Grundimmunisierung am Tag 0, Tag 14 und nach 1 Jahr), danach
Auffrischung nur noch alle 3 Jahre. Am besten ist es, die Grundimpfungen schon
im Herbst zu beginnen, dann sind Sie im kommenden Frühjahr bereits
geschützt. Natürlich kann aber auch zu jedem anderen Zeitpunkt angefangen
werden. Da diese Impfung viel Sinn macht, wird sie von Ihrer Krankenkasse
bezahlt. Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben!
Wer
soll geimpft werden?
-
Wer seinen Urlaub in einem Endemie-Gebiet
verbringt, dort wandert, zeltet oder seine Freizeit verbringt. Zum
Beispiel in Baden-Württemberg, in Österreich, Masuren oder in anderen
östlichen Ländern
-
Wer seine Wochenenden in einem Endemie-Gebiet
verbringt
-
Wer dauernd in einem Endemie-Gebiet
lebt
-
Landarbeiter, Forstarbeiter, Jäger
Noch ein Tipp: Im Schweiß befindet sich eine
Substanz namens Buttersäure. Zecken stehen auf diesen Geruch. D.h. sie
bevorzugen bei der Nahrungssuche Lebewesen, die nach Buttersäure
riechen.
Frisch Geduschte in frisch gewaschenen Kleidern haben also ein geringeres
Risiko, von Zecken gestochen zu werden. Verschwitzte, "buttersaure"
Jogger dagegen sind die bevorzugte Beute hungriger Zeckenweibchen.
Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben.
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